2010/10/10

durchgespielt: ghostbusters - the videogame

Die 80er waren eine revolutionsreiche Zeit. Nicht nur der Teletext und die Mikrowelle wurden erfunden, sondern zahlreiche Blockbuster gedreht, die bis heute unsere Filmlandschaft und auch unser Filmverständnis prägen. Erwähnt seien, Indiana Jones, Zurück in die Zukunft, Stirb langsam, Rambo, Top Gun und Ghostbusters! Letzteres geniesst bei mir einen besonderen Stellenwert. Ich finde Geister einfach nur faszinierend, Bill Murray urkomisch und der Marschmallowman tangiert irgendwo dazwischen. Nach dem erfolgreichen Ghostbusters Film im Jahr 1984 und der mittelmässigen Fortsetzung fünf Jahre später, warten Fans noch heute auf den dritten Teil der Reihe. Bekanntlich stellt sich besagter Bill Murray quer gegenüber dem Drehbuch, dem Team und Fortsetzungen im Allgemeinen. Allerdings wäre es zu schade gewesen, die über Jahre hinweg gesammelten Ideen in der Schublade verstauben zu lassen. So entschied sich die Spieleschmiede Atari zum 25 jährigen Jubiläum ein auf das Drehbuch zum dritten Teil basierendes Videospiel herauszubringen. Ein Grund zur Freude?

Skepsis ist grundsätzlich berechtigt. Videospieladaptionen von Filmen sind bisher eine leidtragende Angelegenheit gewesen. Peter Jackson's King Kong und Chronicles of Riddick stellen die wenigen Ausnahmen dar. Activision versuchte sich bereits zeitgleich zum ersten Film mit Umsetzungen für diverse Systeme. Wie "gut" diese gewesen sind, kann euch der Angry Videogame Nerd berichten. Ein weiteres Problem beim neuen Ghostbusters Spiel war das Finden eines neuen Publishers, da Vivendi aus finanziellen Gründen genötigt war das Projekt auf Eis zu legen. Vivendi gehört seit wenigen Jahren bekanntlich zu Activivion, ob da ein Zusammenhang besteht? Letzten Endes übernahm Atari das halbfertige Projekt und veröffentlichte Ghostbusters - the Videogame am 24. Juni 2009 für alle Systeme.

Das Intro des Spiels zeigt den TV-Spot der Ghostbusters! Who ya gonna call?
Peter Venkman nutzt jeden Augenblick für den ein oder anderen fiesen Spruch
Ich kann von vornherein sagen, das Spiel ist gut! Nicht mehr, nicht weniger, einfach nur gut - für eine Videospieladaption. Angefangen in der technischen Umsetzung, die uns den Schauplatz Manhattan grafisch auf hohem Niveau präsentiert. Abgesehn vom Tearing beim Schwenken der Kamera. Die Akteure Peter Venkman, Raymond Stantz, Egon Spengler und Winston Zeddemore agieren von einem Schauplatz zur nächsten und das in einem temporeichen, wie auch zugleich flüssigen Übergang. Die verschiedenen Handlungsschauplätze reichen vom noblen Sedgewickhotel zur Stadtbücherei, bis hin zu dessen Äquivalente in der Geisterwelt. Gerade was die Dekoration und Aussengestaltung der Areale betrifft, spielt Ghostbusters in der oberen Liga mit. Die Kirsche auf dem Sahnehäubchen ist die Zerstörung des (fast) gesamten Mobiliars. Wie auch in den Filmen bleibt am Ende einer jeden Geisterjagd nur noch Schutt und Asche übrig. Im Zusammenhang mit den, von Wand zu Wand fliegenden Geistern und den fantastisch gelungen Protonenstrahleffekten bietet das Spiel eine filmähnliche Atmosphäre, die nur noch durch die Charaktermodelle ergänzt wird. Diese sind zwar fotorealistisch den Schauspielern nachempfunden , vermiesen aber den Gesamteindruck mit Mimiken à la Alan Wake. Sprich: Die Gesichter sehen aus wie Wachsfiguren. Scha(n)de!

Unmittelbar nach der Einführung im Spiel kann die Geisterjagd beginnen.
Marschmallow-Fans kommen voll auf ihre Kosten. Diese Szene ist ein echtes Highlight!
Man selbst steuert einen schweigsamen Neuankömmling der Ghostbusters. Dieser hat zwar einen Namen, den ich allerdings vergessen habe, weil er charakterloser ist als ein Baum. Im Spiel selbst wirkt man etwas teilnahmslos, trotz diverser Sprüche der anderen, die dich loben oder auch kritisieren. Das wäre schon der einzige Bezug zum Charakter. In keinen der vielen dramatisch inszenierten Momenten fühlt man sich wie ein Held, sondern eher wie ein Praktikant, der nach zahlreichen Rettungsaktionen mit einem "Hast du gut gemacht" abgedankt wird! Im Fim kann die Distanz zwischen Zuschauer und Handlung nicht überwunden werden, in einem Videospiel hat man allerdings die Möglichkeit der Interaktion. Das gerade diese Komponente nur halbherzig genutzt wird schmälert die Nachwirkung des Spiels. Hier wäre mehr möglich gewesen. Die anderen Charaktere wurden teilweise den Filmen entnommen, können aber auch nicht durch mehr Substanz glänzen. Allen voran ist die Synchronisation im Deutschen eine Unverschämtheit, aber auch die Englische ist nicht viel besser. Da werden weder Kosten noch Mühe gescheut die Schauspieler bzw. originalen Synchronsprecher für die Vertonung zu verpflichten, verhunzt dabei aber Ausdruck und Intensität in der Aufnahme. Jedes Wort im Spiel hört sich an, wie abgelesen. Bloss Zeddemore trifft einzig und allein den Takt.

Szenen wie diese orientieren sich tricktechnisch an 80er Filme, wie z.B. Beetlejuice
Wie im Film: Die Cutscenes sind schick gerendert
Doch nun zum wichtigsten Kritikpunkt im Spiel: Die Geisterjagd! Wie sollte es anders sein, kommt auch hier der kultige Protonenstrahl zum Einsatz. Mit dem rechten Stick wird gezielt, mit dem rechten Trigger geschossen. Die Steuerung orientiert sich am eingespielten Konzept des Shootergenres. Einsteiger haben sich schnell gewöhnt, Profis sowieso. Dennoch hatte ich leichte Probleme mit der Buttonbelegung, die bestimmte Aktionen zeitverzögert wiedergeben. Hier sei der PKE-Meter genannt. Das Kampfsystem ist ähnlich dem aus Luigis Mansion. Ist ein Geist in den Fängen des Protonenstrahls muss dieser in die entgegengesetzte Richtung geschleudert werden, in die der Geist flüchten will. Währenddessen geht seine Energieleiste zu Neige. Wird ein bestimmter Wert unterschritten kann per Knopfdruck ein Schleuderangriff eingesetzt werden. Steht der Wert auf null, wird der Geist von der Falle geschnappt, die man zuvor ausgeworfen hat. Das Spektakel wird mit tollen Licht- und Schatteneffekten inszeniert. Trotz der simplen Spielmechanik funktioniert das Einfangen nur mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen, denn die Energie des Geistes sinkt, gefühlt, minutenweise. Im Laufe des Spiels erhält der Praktikant, der zeitgleich auch als Versuchskaninchen fungiert, von Dr. Egon Spengler Upgrades spendiert. Diese sind Zusätze für das Protonenpack und beinhalten Stasisstrahlen, Elektroschocks und Schleim. Letzteres kann wie Leim genutzt werden, um beispielsweise zwei Platten zu verbinden. Diese Funktion wird überwiegend für die rar gesäten Rätsel eingesetzt. Weiterhin gibt es für die vier Strahlen, wie auch der Falle Verbesserungsmöglichkeiten, die man mit dem von den Aufträgen erworbenen Geld freischalten kann.

Ist das Team gerade nicht beschäftigt mit der Jagd von Geistern, werden übernatürliche Subjekte mit dem bereits genannten PKE-Meter geortet und gescannt. Dieses Hilfsmittel ist gleichzeitig auch ein Navigator, den man jederzeit aufrufen kann. Dargestellt wird ein Balkendiagramm, der seine Farbe wie auch Ausschlag am nächstliegenden Gegenstand festmacht. Ein nettes Detail ist, dass dieses Gerät an der Hüfte des Spielcharakters angebracht ist, dessen Display zum Bildschirm zeigt. So können Ausschläge ausgemacht werden ohne, dass dessen HUD (=Anzeigefeld) sich im Vollbild über den ganzen Bildschirm streckt. Generell beschränkt sich das HUD im Spiel auf die Waffenbelegung des Steuerkreuzes, halbdurchsichtig am rechten Bildrand.

Schwerer Brocken. Dieser Geist manifestiert seinen Körper aus Büchern
Brennende Steingargoyles ...JETZT habe ich alles gesehen!
Ein Zuschauer neben den Spieler würde auf den ersten Blick einen Film vermuten, denn Ghostbusters - the Videogame präsentiert sich auch so. Es beginnt und endet wie die zwei vorangegangenen Filme. Dauernd wird gesprochen, immer passiert etwas und die rasanten Kämpfe tun ihr übriges. Hin und wieder hat das Spiel seine ruhigen Stellen im Hauptquartier oder später in einem eindrucksvollen Schloss. Auch die Zwischensequenzen sind wie aus den Filmen adaptiert. Sie wurden sogar mit dem Canadian Videogame Award ausgezeichnet. Allerdings ist es schade, dass ausschliesslich in den Cutscenes die Story weitergesponnen wird und dann auch noch sehr trocken. Teilweise wirkt der Dialogaustausch zwischen den Charakteren ziemlich plump und fast schon auf Scooby-Doo-Niveau: "Und der wahre Übeltäter ist...". Nichtsdestotrotz verschmerzt der Ghostbusters-Bonus die ganzen Kritikpunkte. Die kurze Spielzeit von acht bis zehn Stunden wird durch das Erforschen der Gegend und vielen verstreuten Anspielungen ausgeglichen. Vigor, Slimer, Marschmallowman, Janine, Vector 1, der Geist aus der Bibliothek, sie alle sind dabei! Eigentlich freut man sich schon allein auf ein neues Abenteuer mit den Helden, die ganze Generationen geprägt haben. Und um zum Schluss ein weiteres Killerargument zu nennen: Diese Spielfortsetzung ist immer noch besser als der vierte Indie Film. Na, überzeugt? ;-)

So, who ya gonna call?

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